Mittwoch, 3. Dezember 2008
Tag 3
Boah, wie muede ich war als ich um sieben Uhr meinen ersten Kaffe zu mir nahm und die Manila-Post aufschlug, um auf den ersten beiden Seiten lesen durfte, wie viele Fortschritte die Regierung macht und wie wichtig es ist Mrs. Arroyo wieder zu waehlen. Von der Finanzkrise spricht hier uebrigens keiner. Die Philippinen haben naemlich gar keine Finanzen. Diesen Eindruck bekommt man zumindest wenn man sich Tondo, den groessten Slum Asiens, anschaut. Georg arbeitet hier seit drei Monaten und erst als ich den Slum gesehen habe wurde mir klar, warum er Manila hasst und unbedingt mit zu mir nach Cebu wechseln will. Auf der suche nach einem Taxi, welches uns dorthin klappern sollte (das dauert, weil kein Taxifahrer Lust hat dorthin zu fahren, weil jeden Tag einer getoetet wird) wurden wie natuerlich von mindestens 10 Anlabertypen gefragt ob wir ein Girl wollen, wobei die entsprechende Handbewegung (also das Nachfahren einer weiblichen Silouette) einfach dazu gehoert. Der philippinische Anlabertyp erweist sich dabei als unglaubliches Kommunikationstalent, bei dem auf die Antworten, auf die beschriebene Frage, sehr flexibel reagiert oder ein Nein nicht akzeptiert wird (Filippinos sagen nicht nein, also hoeren sie es auch nicht). Wenn man (wie in diesem Fall) sagt: "Nein danke, es ist ja auch 7:30 Uhr, das ist einfach zu frueh fuer ne Frau', kommt die Antwort: "Ok, willst du einen Boy??" Fuer jeden der irgendwann nach Manila will ein Tipp - renn, reden bringt nix.

Tondo

Es ist krass. Du faherst aus einem Viertel mir blank geputzten Hochhaeusern ueber eine Bruecke und ploetzlich stehst du in BABYLON!!!


Es stinkt, Smogg und Pisse sind ueberall. Viele Leute wohnen direkt an der Starsse (und das heisst wirklich direkt an der Strasse)


Das Don Bosco Zentrum in Tondo leigt mittendrin und ist fuer viele Kinder der einzige Platz an dem sie spielen koennen und dass ohne Angst zu haben. Die Padres hier gehen uebrigens nicht mehr vor die Tuer. Dabei sind sie die einzigen die hier wirklich keine Angst haben brauchen. Es ist echt verquer. Die gehen nicht mehr raus ins Viertel, weil die Leute so glaeubig sind. Kein Witz! Denn jeder will von ihnen gesegnet werden. Georg hat mir erzaehlt, dass es teilweise vorkommt, dass Leute sogar ihn fargen ob er sie segnen koennte, obwohl er eigentlich mal so gar nix mit Kirche am Hut hat.
Naja, nachdem ich mir das Projekt angeschaut habe und mit Georg noch ungefaehr 10 Kaffe (natuerlich instant in einem Land in dem Kaffee waechst) getrunken habe, um nicht im stehen einzuschlafen, sind wir raus ins Viertel.
Natuerlich ne Attraktion. Vor allem die Kinder aber auch ungefaehr jeder zweite Erwachsene ruft "Hey Joe", was hier der Spitzname fuer jeden Weissen ist. Muss man sich dran gewoehnen, fuerchte ich, kenn ich aber auch schin aus Ghana und konnte es daher direkt lockerer nehmen als es viele Weisse tun. Und immer im schlepptau 10 Kinder, die einfach nur hinterherlaufen. Und so beschissen wie das Viertel ist, alle sind freundlich und die Stimmung auf der Strasse ist entspannt obwohl alles gestopft voll, eng, feucht haesslich und dreckig ist. Das aendert sich allerdings nachts (und die faengt um 6 Uhr abends an) und man kann nicht mehr raus. Armer Georg, macht das schon seit drei Monaten mit.
Das Viertel hat aber auch irgendwas. In jedem Haus ist ein "Geschaefft" und in den (ich nenn sie mal) Mietskasernen sind sogar in jedem Stock Geschaefte (Geschaeft ist dabei irgendwas auf nem Tisch oder an der Wand haengend, was derjenige gewillt ist zu verkaufen).


In eine dieser Mietkasernen sind wir dann auch rein, weil irgendein Freund von Georg da wohnt. Naja, waere auch egal, denn da ist alles offen und man kann in jede der Mini-Wohnungen (ca. 10 qm), in der so 5 Leute wohnen, rein. Dort ist es dunkel, dreckig und feucht. Aber ein Fernseher ist oft vorhanden. Die Frauen sitzen auf dem Boden und stillen im Dreck ihre Kinder und laecheln einen an, wenn man mit seinen neuen Adidas und dem weissen Hemd an ihnen vorbei balanciert, weil man nicht in Pisse oder oder auf Hunde mit Krankheiten treten will.

(Blick aus einer der Baracken in den Hinterhof)

Puh, ein Gluek dass ich hier nicht hin muss. Aber so krasse Gegensaetze wie es hier gibt, kann ich mich auf der "Urlaubsinsel" Cebu ja auf was gefasst machen.
Nachdem ich 4 Stunden in Tondo war musste ich (mittlerweile fast tot vor Muedigkeit) zu meinem Flugzeug Richtung Cebu, meine neue Heimat fuer ein Jahr.

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"Nein danke, es ist ja auch 7:30 Uhr, das ist einfach zu frueh fuer ne Frau', kommt die Antwort: "Ok, willst du einen Boy??" ...renn, reden bringt nix. :)))))))))))))) ich kenne das aus Aegypten! Da war genau so in die arme Vierteln. Sie wollten immer etwas verkaufen, und wenn du NO sagst sie noch aktiver werden! Deshalb ich habe "LO" (NO auf arabisch) gelernt! Es hat geholfen!
Wie ist mit die Sprache da?

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sprache
ist eigentlich kein problem. fast jeder filippino spricht englisch. zwar nicht perfekt aber man hat keine probleme sich zu verstaendigen. will aber trotzdem eine einheimische sprache lernen, weil man so einfach einen besseren zugang zu den menschen bekommt.

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